Egal ob stär­ke­re Trak­to­ren, schlag­kräf­ti­ge Feld­häcks­ler oder auch Mäh­dre­scher, sie alle wer­den mit immer mehr intel­li­gen­ten Assis­tenz­funk­tio­nen aus­ge­stat­tet und auto­no­mer. Auf der Agri­tech­ni­ca in Han­no­ver wur­de die­sem Trend brei­ter Raum gewid­met.

Assis­tenz­sys­te­me und Funk­tio­nen des (teil-)autonomen Fah­rens spe­zi­ell auf dem Acker gewin­nen stark an Bedeu­tung. Auch auf Fel­dern ver­spre­chen sich die Anwen­der davon einen Gewinn an Sicher­heit, Effi­zi­enz und Kom­fort. Die Her­aus­for­de­rung dabei: Mobi­le Arbeits­ma­schi­nen wie Mäh­dre­scher oder Rad­la­der agie­ren in einer rau­en und sich stän­dig ändern­den Umge­bung hin­sicht­lich Tem­pe­ra­tur, Sicht­ver­hält­nis­se, Vibra­ti­on, Schmutz oder Feuch­te. Dabei füh­ren sie Auf­ga­ben aus, wel­che die höchs­te Auf­merk­sam­keit des Bedie­ners selbst bei schlech­ten Sicht­ver­hält­nis­sen erfor­dern. Denn all die­se Funk­tio­na­li­tä­ten im Ver­bund mit intel­li­gen­ter Sen­so­rik, Cloud-basier­ter Ver­net­zung sowie kabel­lo­ser Maschi­ne-zu-Maschi­ne-Kom­mu­ni­ka­ti­on sind auch in der moder­nen Land­wirt­schaft längst Stan­dard.

Sensoren für die digitale Sichtfelderweiterung

Egal ob es sich um Ern­te­ma­schi­nen han­delt, die Pre­cis­i­on Far­ming betrei­ben, oder Trak­to­ren, die mit dem Front­la­der auto­ma­tisch Güter bewe­gen: Je umfas­sen­der und ver­läss­li­cher ein sol­ches Fahr­zeug die Umge­bung erken­nen soll, des­to wich­ti­ger wer­den Anzahl und Anord­nung von Sen­so­ren. Sie sam­meln kon­ti­nu­ier­lich Echt­zeit­da­ten aus der Umge­bung, um Infor­ma­tio­nen über ande­re Fahr­zeu­ge, Per­so­nen und Hin­der­nis­se zu erhal­ten. Inte­griert in ein Fah­rer­as­sis­tenz- oder Fahr­zeug­au­to­ma­ti­ons­sys­tem ermög­li­chen die­se, die Maschi­ne auto­ma­tisch zu posi­tio­nie­ren und zu steu­ern, ihre Geschwin­dig­keit zu regeln oder den Arbeits­pro­zess zu opti­mie­ren. Damit ein auto­nom agie­ren­des Fahr­zeug bei ungüns­ti­gen Licht- und Wit­te­rungs­be­din­gun­gen zwei­fels­frei sei­ne Umge­bung wahr­neh­men kann, braucht es unter­schied­li­che Sen­so­ren. Intel­li­gent kom­bi­niert gestat­ten sie einen umfas­sen­den 360-Grad-Blick und schaf­fen so die Grund­la­ge für die effi­zi­en­te Ent­wick­lung wei­ter­füh­ren­der Assis­tenz­funk­tio­nen.

Zuverlässige Distanz- oder Positionsinformationen

Im Mit­tel­punkt der Engi­nee­ring-Akti­vi­tä­ten ste­hen red­un­dan­te „Fusi­on-Sys­te­me“, um die Daten aller Sen­so­ren sowohl räum­lich als auch zeit­lich zusam­men­zu­füh­ren und gemein­sam zu ver­ar­bei­ten. Dank aus­ge­klü­gel­ter Algo­rith­men lie­fern die­se unter extre­men Umwelt­be­din­gun­gen zuver­läs­si­ge Distanz- oder Posi­ti­ons­in­for­ma­tio­nen und war­nen vor Objek­ten im Sicht­be­reich. Die Aus­stel­ler auf der Agri­tech­ni­ca setz­ten dafür gleich auf meh­re­re Ver­fah­ren. Sind etwa über ein Gate­way wei­te­re Sen­so­ren mit dem HMI-Panel ver­bun­den, wie LiDAR (Light Detec­tion and Ran­ging) in Ver­bin­dung mit Ultra­schall oder Radar, kön­nen die­se Infor­ma­tio­nen im dar­ge­stell­ten Bild der RGB- oder Infra­rot­ka­me­ras über­la­gert wer­den. Dem Fah­rer wird so gezeigt, wo ein poten­zi­el­les Hin­der­nis erkannt wur­de. Zum Funk­ti­ons­um­fang zäh­len bei­spiels­wei­se Tot-Win­kel-Über­wa­chung und Manö­vrier­as­sis­tenz.

Prä­zi­si­on dank LiDAR-Sen­so­ren: Ein­ge­setzt wie hier von Fendt unter­stüt­zen sie am Feld die zen­ti­me­ter­ge­naue Posi­tio­nie­rung.

Her­stel­ler von Land­ma­schi­nen fan­den auf der Spe­zi­al­mes­se „Sys­tems & Com­pon­ents“ wäh­rend der Agri­tech­ni­ca funk­tio­na­le Grund­bau­käs­ten, mit denen sie nach dem Plug & Play-Prin­zip eige­ne Assis­tenz­sys­te­me kon­zi­pie­ren kön­nen – abge­stimmt auf ihre Anfor­de­run­gen. GPS und Navi­ga­ti­ons­sys­te­me sind wei­te­re trei­ben­de Tech­no­lo­gien, die in Han­no­ver prä­sen­tiert wur­den. Sie bie­ten exak­te Posi­ti­ons­da­ten und ermög­li­chen es den Fahr­zeu­gen, ihre Rou­te zu pla­nen und sicher ans Ziel zu gelan­gen. Mit­tels der stän­dig abruf­ba­ren Kor­rek­tur­si­gna­le berech­net das Lenk­sys­tem die aktu­el­le Posi­ti­on und kann so die Fahr­spu­ren zen­ti­me­ter­ge­nau bestim­men – ein wich­ti­ger Schritt auf dem Weg zum auto­no­men Trak­tor. Die auto­ma­ti­sche Teil­b­rei­ten­schal­tung ist eine wei­te­re GPS-Anwen­dung, wie sie etwa bei Feld­sprit­ze oder Dün­ger­streu­er zum Ein­satz kommt. Sobald es zu Über­lap­pun­gen kommt oder die Feld­gren­ze erreicht ist, über­nimmt sie das Ein- bezie­hungs­wei­se Aus­schal­ten der Teil­b­rei­ten des Arbeits­ge­räts.

Treibt Auto­no­mie am Acker vor­an: John-Dee­re-Trak­tor mit Sen­so­ren und Kame­ras.

Eine zen­tra­le Rol­le bei der Umfeld-erken­nung kommt fer­ner den LiDAR-Sen­so­ren zu. Sie erfas­sen ihre Umwelt mit­hil­fe von Licht durch einen Foto­sen­sor. Das Sys­tem berech­net, wie lan­ge es dau­ert, bis ein aus­ge­sen­de­ter Laser­strahl auf ein Objekt trifft und zurück­re­flek­tiert wird. Anhand einer Viel­zahl von Signa­len wird dar­aus eine 3‑D-Kar­te der Umge­bung erstellt. Der Fah­rer einer Maschi­ne kann so Gelän­de­mo­del­le abru­fen, die dann teil­au­to­ma­ti­siert abge­fah­ren wer­den. Die­se Tech­no­lo­gie eröff­net vor allem mobi­len Arbeits­ma­schi­nen in der Land­wirt­schaft zahl­rei­che Anwen­dungs­mög­lich­kei­ten, die zu mehr Effi­zi­enz auf dem Feld füh­ren.

Die elek­tro­nisch-opti­schen Sen­so­ren tas­ten mit ihren Licht­im­pul­sen etwa die Kan­te zwi­schen gemäh­tem und unge­mäh­tem Feld ab und füh­ren einen Mäh­dre­scher auto­ma­tisch an der Bestands­kan­te ent­lang. Mon­tiert auf dem Kabi­nen­dach eines Trak­tors steht Land­wir­ten mit einem LiDAR-Sys­tem ein intel­li­gen­ter Ern­te­hel­fer zur Sei­te. Er wan­delt die Mess­ergeb­nis­se in Lenk- und Geschwin­dig­keits­in­for­ma­tio­nen um und gibt sie direkt an das Assis­tenz­sys­tem aus, bei­spiels­wei­se zur Schwa­der­ken­nung. Mit den Daten kann die Steue­rung die Zug­ma­schi­ne auto­ma­tisch ent­lang der Schwa­de len­ken und die Mahd opti­mal einer Bal­len­pres­se zufüh­ren.

Vernetzung und Automation aus dem Baukasten

For­de­run­gen nach echt­zeit­fä­hi­gen Sen­so­ren und wach­sen­de Ansprü­che an die Auto­no­mie mobi­ler Arbeits­ma­schi­nen sind nur zwei der Ent­wick­lun­gen, die das Engi­nee­ring im Off-High­way-Sek­tor domi­nie­ren. Sie gehen ein­her mit einem wei­te­ren Trend: Die gro­ße Viel­falt an unter­schied­li­chen Arbeits­ma­schi­nen, oft nur in gerin­gen Stück­zah­len, führt zu einem hohen Bedarf an modu­la­ren und fle­xi­blen Lösun­gen. Nur so lässt sich ver­mei­den, dass neue Anfor­de­run­gen an ein­zel­ne Sen­so­ren eine voll­stän­di­ge Umstruk­tu­rie­rung der anwen­dungs­be­zo­ge­nen Assistenz‑, Fahr- und Auto­ma­ti­sie­rungs­funk­tio­nen nach sich zie­hen.

Hier setzt das Insti­tut für leis­tungs­elek­tro­ni­sche Sys­te­me (ELSYS) der Tech­ni­schen Hoch­schu­le Nürn­berg an. Dort ent­wi­ckelt ein Team eine offe­ne Auto­ma­ti­sie­rungs­platt­form aus Hard- und Soft­ware. Das Kür­zel POV steht dabei für „Pro­fes­sio­nal Ope­ra­ting Vehic­les“. Ziel ist es, eine über­grei­fen­de Platt­form mit modu­la­ren Sys­tem­kom­po­nen­ten zu kon­zi­pie­ren. Ange­bo­ten wird eine zen­tra­le Rechen­ein­heit mit siche­ren und zer­ti­fi­zier­ten Kom­po­nen­ten sowie stan­dar­di­sier­ten Schnitt­stel­len. So ermög­licht man es allen Fir­men für pro­fes­sio­nel­le Arbeits­ma­schi­nen, rele­van­te Pro­duk­te schnell zu ent­wi­ckeln.

Geforscht wird unter ande­rem an moder­nen, fle­xi­blen Rege­lungs­ver­fah­ren. Die­se sol­len mit­tels eines modu­la­ren Leis­tungs­elek­tronik­bau­kas­tens die Ansteue­rung ver­schie­de­ner elek­tri­scher Antrie­be ermög­li­chen sowie die Ein­bin­dung unter­schied­li­cher Ener­gie­spei­cher. So ent­steht ein gemein­sa­mes Kern­sys­tem aus Hard- und Soft­ware­kom­po­nen­ten für die Ansteue­rung, die sen­so­ri­sche Erfas­sung und die Ver­net­zung von POV.

Fazit: Ob Fah­ren oder Arbei­ten, ob Die­sel, hybrid oder voll­elek­trisch – die der­zeit ver­füg­ba­ren Assis­tenz­funk­tio­nen sind nur eine ers­te Stu­fe hin zur voll­au­to­ma­ti­sier­ten und ver­netz­ten Arbeits­ma­schi­ne der Zukunft.

Fotos: Ivan — stock.adobe.com, Fendt, John Dee­re

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