Aufgrund steigender Betriebsmittel- und sinkender Erzeugerpreise ist der Vermarktung heuer besondere Beachtung zu schenken.

Nach der Saat ist vor der Ernte

Aktuell Pflanzenbau

Die Mais­aus­saat ist in vol­lem Gan­ge. Was den Bau­ern in Zei­ten höchst vola­ti­ler Markt­prei­se bei der Ern­te im Herbst unterm Strich übrig blei­ben wird, ist von zahl­rei­chen Para­me­tern abhän­gig.

Das ver­gan­ge­ne Mais­jahr 2022 geht wegen der beson­ders tur­bu­len­ten Preis­ent­wick­lung mit Sicher­heit in die Geschichts­bü­cher ein. Zu Ern­te­be­ginn notier­te Mais für Fut­ter­zwe­cke an der Wie­ner Agrar­bör­se über der 330 Euro-Mar­ke je Ton­ne (exkl. Umsatz­steu­er), jener für die Indus­trie teils noch weit dar­über. Ent­spre­chend lukra­tiv war die Kul­tur damit für die Land­wir­te. Lag der Deckungs­bei­trag bei Kör­ner­mais von 2017 bis 2021 im Durch­schnitt bei rund 258 Euro je Hekt­ar, konn­ten 2022 rech­ne­risch bei 10 Ton­nen Ertrag sogar mehr als 1.500 Euro erwirt­schaf­tet wer­den. Mitt­ler­wei­le, Mit­te April 2023, notiert Kör­ner­mais an der Wie­ner Bör­se „nur“ noch bei 231 Euro je Ton­ne (exkl. USt.). An der Pari­ser Agrar­bör­se Euron­ext (Matif) wur­de der Novem­ber-Kon­trakt um etwa 240 Euro je Ton­ne gehan­delt.

Unter­des­sen erwar­tet die Euro­päi­sche Kom­mis­si­on in ihrer jüngst ver­öf­fent­lich­ten Pro­gno­se für heu­er einen deut­li­chen Zuwachs bei der EU-Mais­men­ge. Um fast ein Vier­tel mehr sol­len die Land­wir­te in der EU-27 laut Schät­zun­gen der Brüs­se­ler Sta­tis­ti­ker ern­ten – immer­hin 65 Mio. Ton­nen, bei opti­ma­len Bedin­gun­gen. Unge­wiss bleibt vor­erst aber, wie sich etwa die Aus­fuh­ren der Ukrai­ne ent­wi­ckeln. So äußer­te etwa der ukrai­ni­sche Agro-Unter­neh­mer Alex Lis­sit­sa im Inter­view mit Agra-Euro­pe bereits die Befürch­tung, die Mais­export­men­gen sei­nes Hei­mat­lan­des könn­ten heu­er auf nur noch 11 Mio. Ton­nen sin­ken – gegen­über 35 Mio. Ton­nen im lang­jäh­ri­gen Durch­schnitt. Für Acker­bau­ern in Öster­reich ber­gen all die­se Para­me­ter ein­mal mehr Unsi­cher­heit. „Fal­len die Erzeu­ger­prei­se wei­ter, so wird es bei den gestie­ge­nen Kos­ten heu­er deut­lich frü­her eng als vor 2020“, erklärt Gerald Bie­der­mann von der LK Nie­der­ös­ter­reich. Die heu­er zu erzie­len­den Deckungs­bei­trä­ge bezif­fert er (Stand Mit­te April) abge­lei­tet vom Matif-Novem­ber-Kon­trakt mit 430 Euro je Hekt­ar.

Für Saatgut und Dünger zu spät

Die gestie­ge­nen Kos­ten, auf die der Betriebs­wirt anspricht, sei­en in ers­ter Linie auf die Betriebs­mit­tel Saat­gut, Dün­ger, Pflan­zen­schutz und Ener­gie zurück­zu­füh­ren. „Die Sache mit den Saat­gut­kos­ten ist für heu­er ohne­hin gelau­fen“, so Bie­der­mann. Für die dies­jäh­ri­gen Aus­saat muss­ten die Land­wir­te um die 240 Euro je Hekt­ar bud­ge­tie­ren, bei hoch­wer­ti­ge­ren Bei­zen auch mehr, wie Bran­chen­in­si­der berich­ten. Beim Dün­ger zeigt sich, bedingt durch sin­ken­de Gas­prei­se und gerin­ge­re Nach­fra­ge, schon seit dem Jah­res­wech­sel eine sin­ken­de Preis­ten­denz.

Auch Mais­her­bi­zi­de haben sich heu­er teils deut­lich ver­teu­ert.

Hein­rich Holz­ner von der LK Stei­er­mark bezif­fert den Rück­gang etwa bei Stick­stoff­dün­gern auf rund 60 Pro­zent gegen­über dem Jän­ner-Niveau. Auf Nach­fra­ge beim Land­pro­duk­te­händ­ler wur­den bei Redak­ti­ons­schluss von Pro Hekt­ar (KW 16/23) etwa Brut­to­prei­se für Kal­kam­mon­sal­pe­ter von 450 Euro je Ton­ne genannt, für Voll­dün­ger 15:15:15 waren 860 Euro je Ton­ne zu berap­pen. „Die meis­ten Bau­ern haben aber, wie auch die Händ­ler, ihren Bedarf für die heu­ri­ge Sai­son bereits zu einem frü­he­ren Zeit­punkt gedeckt“, so Bie­der­mann. Vor­tei­le vom nun gerin­ge­ren Preis­ni­veau kön­nen dem­nach nur noch von Ein­zel­nen genutzt wer­den.

Letzte Stellschrauben

Beim Pflan­zen­schutz scheint die Teue­rung erst im heu­ri­gen Jahr rich­tig Ein­zug zu hal­ten. „Pflan­zen­schutz­mit­tel wur­den heu­er im Schnitt um 16 Pro­zent teu­rer“, resü­miert Hubert Köppl, Pflan­zen­bau­be­ra­ter der LK Ober­ös­ter­reich. Ein genau­er Blick in die Preis­lis­ten der Land­pro­duk­te­händ­ler lohnt sich. Denn im Spe­zi­el­len Mais­her­bi­zi­de sind heu­te erheb­lich teu­rer als noch vor einem Jahr. Eine Nach­schau von Pro­Hekt­ar ergab Preis­stei­ge­run­gen bei Vor- und Nach­auf­lauf­prä­pa­ra­ten sowie Kom­bi­packs zwi­schen 19 und 29 Pro­zent.

„Pflanzenschutzmittel wurden heuer im Schnitt um 16 Prozent teurer.“ Hubert Köppl, Pflanzenbauberater der LK Oberösterreich

Auch die Ent­wick­lung der Ener­gie­prei­se kann auf die Pro­fi­te von Mais noch Ein­fluss neh­men. Bie­der­mann: „Da sieht es heu­er ten­den­zi­ell etwas bes­ser aus.“ Dabei gel­te es aber nicht nur den Die­sel­ver­brauch am eige­nen Hof mit­zu­den­ken, son­dern auch jenen der Lohn­un­ter­neh­mer. Deren Preis­kal­ku­la­ti­on „bleibt vor­erst abzu­war­ten“, so Bie­der­mann. Im Tech­nik­be­reich sei­en aber bereits jetzt Preis­stei­ge­run­gen fest­zu­stel­len, hält er fest.

Das sagen die Abnehmer

Die real gestie­ge­nen Kos­ten kön­nen heu­er dem­nach nur noch bedingt beein­flusst wer­den. Umso mehr Augen­merk ist auf die Ver­mark­tung zu legen. Die Abneh­mer von Kör­ner­mais hal­ten sich zu Prei­sen zur dies­jäh­ri­gen Ern­te kla­rer­wei­se noch bedeckt, so auch der beson­ders im West­bahn­ge­biet bedeu­ten­de Nass­mais­ab­neh­mer Agra­na Stär­ke. Nur soviel: „Wir ver­wen­den seit Jah­ren ein Wochen­preis­sys­tem, wel­ches sich am aktu­el­len Markt­preis ori­en­tiert“, sagt Chris­ti­an Königs­eder, der im Werk Aschach, Ober­ös­ter­reich, für die Koor­di­na­ti­on der Mais­ver­ar­bei­tung ver­ant­wort­lich zeich­net. Und: „Ein Ein­fluss­fak­tor ist auch der Preis für getrock­ne­te Ware an der Wie­ner Bör­se.“

Ein Min­dest­preis­ni­veau gäbe es, wie in den Jah­ren zuvor, auch heu­er nicht. Trotz­dem geht man beim Stär­ke­her­stel­ler „von den­sel­ben Men­gen wie in den Vor­jah­ren“ aus. Bei der Fir­ma Jung­bunz­lau­er Aus­tria in Pern­ho­fen, Nie­der­ös­ter­reich, sah man sich ange­sichts der Ent­wick­lun­gen 2022 genö­tigt, das haus­ei­ge­ne Min­dest­preis­sys­tem zu über­den­ken. „Der 120 Euro-Min­dest­preis ist schlicht aus der Zeit gefal­len“, meint Leo­pold Neu­may­er als Lei­ter des Ein­kaufs. Künf­tig wer­de am Wein­viert­ler Stand­ort, wo jähr­lich gut 650.000 Ton­nen Mais umge­setzt wer­den, der Mais­preis anhand einer For­mel bestimmt. Kon­kret wer­den von Mit­te bis Ende August die Tages­schluss­kur­se für den Novem­ber-Kon­trakt an der Euron­ext gemit­telt und anschlie­ßend 65 Euro je Ton­ne sub­tra­hiert. „Wir erhof­fen uns davon einen markt­kon­for­men Min­dest­preis“, so Neu­may­er, der damit „den Wunsch vie­ler Land­wir­te und der Händ­ler“ erfüllt sieht.

Kostenfaktor Energie

Nebst der Nass­mais­an­lie­fe­rung an die Indus­trie bleibt natür­lich noch die Ver­mark­tung an den Han­del. Oder die Lohn­trock­nung. Auch bei die­ser führt am Kos­ten­fak­tor Ener­gie kein Weg vor­bei. Georg Grill, geschäfts­füh­ren­der Vor­stand der Trock­nungs­ge­nos­sen­schaft Reding in Bay­ern, plau­dert aus dem Näh­käst­chen: „Das Wich­tigs­te für eine kos­ten­güns­ti­ge Trock­nung sind gute Kon­di­tio­nen im Gas­ver­trag und eine effi­zi­en­te Tech­nik.“ So kön­ne man für alle Betei­lig­ten wirt­schaft­li­che Maistrock­nung errei­chen. Sei­ne Anla­ge, die – nur einen Stein­wurf von der Gren­ze zu Ober­ös­ter­reich ent­fernt – jähr­lich gut 150.000 Ton­nen Mais und Soja­boh­nen für Mit­glie­der­be­trie­be trock­net und lagert, wird auch wei­ter­hin mit Erd­gas betrie­ben wer­den. Denn trotz aller Preis­wid­rig­kei­ten meint Grill: „Öl ist im Schnitt etwas teu­rer und bei Hack­gut sind die Inves­ti­ti­ons­kos­ten für die kur­ze Mais­kam­pa­gne allein noch zu hoch.“

„Das Wichtigste für eine kostengünstige Trocknung sind gute Konditionen im Gasvertrag und eine effiziente Technik.“ Georg Grill, Trocknungsgenossenschaft Reding

Auch heu­er geht Grill wie­der von güns­ti­gen Kon­di­tio­nen aus, kon­kre­te Zah­len kann er jedoch noch nicht nen­nen: „Wir legen die Trock­nungs­kos­ten immer erst zur Ern­te fest. Unse­re Mit­glie­der haben Ver­trau­en, dass wir best­mög­li­che Prei­se bie­ten.“ Grill, der selbst auch Mais „sei­ner“ Land­wir­te auf­kauft, ver­sucht in Anbe­tracht der fal­len­den Bör­sen­prei­se zu beru­hi­gen: „Ja, die Kos­ten sind gestie­gen, aber das Preis­ni­veau ist im Ver­gleich zu frü­he­ren Zei­ten immer noch kein schlech­tes.“ Den Land­wir­ten rät er, wie schon in den Jah­ren zuvor einen Teil der Ern­te über Kon­trak­te abzu­si­chern. Und jenen, die ihren Mais ein­la­gern, gibt er mit: „Wenn die Prei­se pas­sen, muss man sich auch von der Ware tren­nen.“ Indes nennt LK-Betriebs­wirt Bie­der­mann noch eine Faust­zahl für all jene, die wis­sen wol­len, wo die Rei­se hin­ge­hen könn­te: „Wir rech­nen in etwa mit 20 bis 25 Euro Abschlag vom jewei­li­gen Matif-Kurs.“

„Wir legen die Trocknungskosten immer erst zur Ernte fest. Unsere Mitglieder haben Vertrauen, dass wir bestmögliche Preise bieten.“ Georg Grill, Trocknungsgenossenschaft Reding

Abseits aller betriebs­wirt­schaft­li­chen Unsi­cher­hei­ten bleibt dann auch noch der Fak­tor Wit­te­rung. Auf Nach­fra­ge bei der Geo­sphe­re Aus­tria gibt man aller­dings vor­erst Ent­war­nung, zumin­dest was die Nie­der­schlä­ge betrifft. „Im lang­jäh­ri­gen Ver­gleich lie­gen wir heu­er in wei­ten Tei­len Öster­reichs bereits 20 bis 40 Pro­zent über dem Durch­schnitt“, heißt es auf der Hohen War­te in Wien. Ledig­lich in Tirol, im Salz­bur­ger Pinz­gau und in Ober­kärn­ten wer­den noch unter­durch­schnitt­li­che Nie­der­schlags­men­gen notiert.

Fotos: agrarfoto.com, Coun­try­pi­xel — stock.adobe.com

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