Maisfeldernte: In den Pflanzenresten steckt großes Nutzungspotential.

Pflanzenreste: Vom Feld in den Tank

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Im Kreis­lauf der Natur steckt bis­her weit­ge­hend unge­nutz­tes Poten­zi­al. Nach dem Mot­to „die Tech­nik macht’s“ könn­ten Fahr­zeu­ge wie etwa Trak­to­ren schon bald im gro­ßen Stil über hei­misch pro­du­zier­te Ener­gie, die aus Pflan­zen­res­ten gewon­nen wird, ange­trie­ben wer­den. 

Die ange­spann­te geo­po­li­ti­sche Lage und die dar­aus resul­tie­ren­den stei­gen­den Ener­gie­prei­se rücken die Fra­ge nach der eige­nen Ver­sor­gungs­si­cher­heit immer mehr in den Fokus. Zu stark ist man abhän­gig von Russ­lands Ener­gie­wirt­schaft, die lan­ge Zeit als selbst­ver­ständ­lich galt. Dar­über hin­aus bewir­ken die Reduk­ti­ons­zie­le der Treib­haus­gas­emis­sio­nen ein Umden­ken in Rich­tung alter­na­ti­ver For­men zur Ener­gie­ge­win­nung. Dabei spie­le wie zum Bei­spiel neben Wind- und Was­ser­kraft die Bio­me­than­pro­duk­ti­on aus orga­ni­schen Abfäl­len eine immer wich­ti­ge­re Rol­le. Denn um die der­zei­ti­ge Kli­ma­si­tua­ti­on zu ent­schär­fen, müss­ten alle zur Ver­fü­gung ste­hen­den Res­sour­cen zur nach­hal­ti­gen Ener­gie­ge­win­nung genutzt wer­den. Allei­ne in Öster­reich könn­ten 20 Pro­zent des der­zei­ti­gen Gas­be­darfs durch Bio­me­than aus Rest­stof­fen abge­deckt wer­den. Vie­ler­orts wur­de die­ses Poten­zi­al bereits erkannt. Etwa 350 Bio­gas­an­la­gen sind hier­zu­lan­de im Ein­satz und erzeu­gen pro Jahr cir­ca 150 Mil­lio­nen Kubik­me­ter Bio­gas, was der­zeit knapp zwei Pro­zent des öster­rei­chi­schen Gas­ver­brauchs deckt.

Ressourcen vor Ort nutzen 

Viel Inno­va­ti­ons­geist für neu­es­te Tech­nik zur nach­hal­ti­gen Ener­gie­ge­win­nung beweist man auch im Her­zen des Inn­vier­tels in Ober­ös­ter­reich. Das Unter­neh­men „BioG“ in der Gemein­de Utzenaich beschäf­tigt sich dort schon seit über 15 Jah­ren mit der sinn­vol­len Ver­wer­tung von Feld­res­ten, wie Mais- und Raps­stroh, Zwi­schen­früch­ten und Mist aus Tier­hal­tung. Denn der wirt­schaft­li­che Erfolg von Bio­gas­an­la­gen hän­ge ganz wesent­lich davon ab, wel­ches orga­ni­sche Mate­ri­al für die Ener­gie­pro­duk­ti­on zum Ein­satz kommt. Waren es bis­her immer typi­sche Acker­bau­kul­tu­ren, so gäbe es heu­te einen kla­ren Trend in Rich­tung einer nach­hal­ti­gen Nut­zung von orga­ni­schen Abfäl­len und Feld­res­ten. Um auch unter­schied­lichs­te Struk­tu­ren des orga­ni­schen Aus­gangs­ma­te­ri­als effi­zi­ent ein­brin­gen zu kön­nen, bedür­fe es einer intel­li­gen­ten und stö­rungs­frei­en Tech­no­lo­gie. „Die Res­sour­cen, die wir vor Ort zur Ver­fü­gung haben, sind wesent­lich mehr wert, als wir bis­lang glaub­ten. Man muss sie nur nut­zen“, ist Josef Höck­ner, Geschäfts­füh­rer von „BioG“, über­zeugt. 

Auf­grund der inho­mo­ge­nen Kon­sis­tenz waren Feld­res­te bis­her jedoch pro­ble­ma­tisch für die Auf­be­rei­tung von Bio­me­than. Das Inn­viert­ler Unter­neh­men, wel­ches mitt­ler­wei­le inter­na­tio­nal tätig ist, ent­stand selbst aus einer land­wirt­schaft­li­chen Bio­gas­pro­duk­ti­ons­ge­mein­schaft und bie­tet seit Jah­ren die nöti­gen Tech­no­lo­gien an, um das orga­ni­sche Mate­ri­al für die Gewin­nung von Bio­gas auf­zu­be­rei­ten.

Guter „Output“ aus Pflanzenresten

Zu den Pflan­zen­res­ten zäh­len vor allem Mais‑, Raps- und Soja­stroh sowie Zwi­schen­früch­te, da die­se Mate­ria­li­en nor­ma­ler­wei­se nach der Ern­te ein­ge­ar­bei­tet wer­den. Das Poten­zi­al ist enorm. So kön­ne zum Bei­spiel ein Hekt­ar Mais­stroh cir­ca 1200 Liter Öl erset­zen, wodurch vier Ton­nen Koh­len­stoff­di­oxid ein­ge­spart wer­den. Auch Zwi­schen­früch­te sind nicht zu unter­schät­zen, da ein Hekt­ar Som­mer­zwi­schen­frucht direkt nach Getrei­de bis zu 700 Liter Erd­öl erset­zen kann. Im Gegen­zug benö­tigt man je nach Ern­te­tech­nik etwa 30 bis 50 Liter Treib­stoff für den Abtrans­port der Feld­res­te, also durch­aus eine vor­zeig­ba­re Bilanz. 

Die Effi­zi­enz die­ser Roh­stof­fe wird noch höher, wenn sie vor­her einer mehr­stu­fi­gen kas­ka­di­schen Nut­zung zuge­führt wer­den, zum Bei­spiel für indus­tri­el­le Zwe­cke wie che­mi­sche Grund­stof­fe, Faser­pro­duk­ti­on, Tex­ti­li­en, Ver­pa­ckun­gen, Iso­lier­ma­te­ri­al oder Möbel. Die Res­te aus die­ser indus­tri­el­len Nut­zung wer­den in wei­te­rer Fol­ge für die Bio­me­than­pro­duk­ti­on ver­wen­det, wel­ches als Treib­stoff oder zur regel­ba­ren Ener­gie­pro­duk­ti­on ver­wen­det wer­den kann. Das Gan­ze ergibt einen sinn­vol­len natür­li­chen Kreis­lauf, der eine Men­ge an regio­na­len Wirt­schafts­pro­zes­sen aus­löst, wel­ches in Fol­ge das Wirtschafts‑, Arbeits- und Sozi­al­sys­tem erhält, die Umwelt schützt und einen viel­sei­tig ein­setz­ba­ren Ener­gie­trä­ger erschafft.

Diskussion rund um das Thema „Nährstoffraub“ 

Ein oft genann­tes Argu­ment gegen den Abtrans­port von Feld­res­ten ist, dass Koh­len­stoff für die Humus­pro­duk­ti­on von der Flä­che ent­nom­men wird. Hier muss aller­dings beach­tet wer­den, dass man nur cir­ca 50 bis 60 Pro­zent der vor­han­de­nen Bio­mas­se abtrans­por­tie­ren kann, der Rest bleibt als Wur­zel­mas­se und Stop­peln am Feld. 

Zudem ist für die Humus­pro­duk­ti­on haupt­säch­lich der lang­sam abbau­ba­re Koh­len­stoff rele­vant, wel­cher genau­so wie die Nähr­stof­fe Stick­stoff, Phos­phor und Kali­um in einer Bio­gas­an­la­ge von den anae­ro­ben Bak­te­ri­en nicht abge­baut wer­den kann und somit wie­der zurück auf das Feld gelangt. Beson­ders inter­es­sant ist das für bio­lo­gisch bewirt­schaf­te­te Flä­chen, da so aus Feld­res­ten oder Gesun­dungs­früch­ten wie Klee ein hoch­ef­fi­zi­en­ter orga­ni­scher Dün­ger pro­du­ziert wer­den kann.

Effiziente Ernte und Verarbeitung von Feldresten

Die Ern­te von Feld­res­ten wie etwa von Mais­stroh sei eine gro­ße Her­aus­for­de­rung. Denn auf­grund der lan­gen, sta­bi­len Mais­stän­gel und der nied­ri­gen Tro­cken­sub­stanz sind die Über­bleib­sel am Feld schwie­rig abzu­trans­por­tie­ren. Des­halb hat das Unter­neh­men den „Bio­Chip­per“ ent­wi­ckelt. Ein Mulch­kon­zept mit Schwad­zu­sam­men­füh­rung, wel­ches die Ern­te von Feld­res­ten ermög­licht. Dabei kön­nen in einem Arbeits­gang ohne Boden­kon­takt die Stän­gel ein­ge­kürzt, das Mais­stroh auf­ge­saugt und im Anschluss auf Schwad gebracht wer­den. Dies sorgt für eine ein­fa­che Auf­nah­me mit der „Pick­up“.

Gro­ße Anfor­de­run­gen wer­den dar­über hin­aus an die Auf­be­rei­tungs­ket­te von Feld­res­ten gestellt. Die­se muss sowohl mit Fremd­kör­pern, Brü­cken- sowie Klum­pen­bil­dun­gen als auch mit kle­ben­den und lang­fa­se­ri­gen Mate­ria­li­en umge­hen kön­nen. Grund­sätz­lich geht es in der Auf­be­rei­tung dar­um, die Ober­flä­chen­be­schaf­fen­heit die­ser Rest­stof­fe zu erhö­hen und die Faser­struk­tur so gut wie mög­lich auf­zu­bre­chen, um die Angriffs­flä­che für die Bak­te­ri­en in der Bio­gas­an­la­ge zu erhö­hen. Je mehr Angriffs­flä­che, des­to schnel­ler und voll­stän­di­ger der Mate­ri­al­ab­bau. Um all die­sen Anfor­de­run­gen gerecht zu wer­den, wur­de das Prin­zip „Bio­Crus­her“ von „BioG“ ent­wi­ckelt, wel­ches sich auto­ma­tisch an die ver­schie­de­nen Rest­stof­fe anpasst.

Cir­ca 300 Bio­gas­an­la­gen wur­den mitt­ler­wei­le welt­weit auf die­ses Ver­fah­ren umge­rüs­tet und auch Erd­öl­kon­zer­ne wie zum Bei­spiel „Shell“ arbei­ten mit der Tech­nik aus dem Inn­vier­tel. Täg­lich wer­den durch die­se errich­te­ten Anla­gen etwa 1,5 Mil­lio­nen Liter Öl durch Feld­res­te ersetzt. 

Vom Acker zur eigenen Hoftankstelle 

Die For­de­rung nach der Unab­hän­gig­keit bei Ener­gie geht mitt­ler­wei­le soweit, dass man eige­ne Hof­tank­stel­len schaf­fen könn­te. Denn das größ­te Poten­zi­al von Bio­gas ist die Ver­wen­dung als Treib­stoff. Nicht nur Autos, son­dern auch Lkws und Trak­to­ren kön­nen damit betrie­ben wer­den. Ein 50 Hekt­ar Betrieb könn­te mit vier bis fünf Hekt­ar Mais­stroh sei­nen gesam­ten Jah­res­be­darf an Treib­stoff abde­cken. Auch dafür wur­de von 

„BioG“ ein pra­xis­taug­li­ches Kon­zept – des­sen Tech­nik Bio­me­than soweit auf­be­rei­tet, dass es direkt zum Antrieb von Gas­mo­to­ren genutzt wer­den kann – ent­wi­ckelt. Die ers­te Anla­ge wur­de für die Uni­ver­si­tät Pots­dam gebaut und soll nun mul­ti­pli­ziert und für den Markt zugäng­lich gemacht wer­den. „Die Nach­fra­ge für unse­re Tech­nik ist rie­sig. Wir kom­men kaum mit der Pro­duk­ti­on nach“, so Höck­ner. Bei den Trak­to­ren, die mit Bio­gas ange­trie­ben wer­den kön­nen, hat bis­her ein­zig „New Hol­land“ einen seri­en­rei­fen Trak­tor auf dem Markt gebracht. Doch auch ande­re Her­stel­ler ver­su­chen bereits auf den erneu­er­ba­ren Ener­gie­trä­ger umzu­stel­len. Ein guter Aus­blick also für alle Land­wir­te, die zum Ener­gie­pro­du­zent wer­den möch­ten, um sich in Zukunft selbst mit Treib­stoff ver­sor­gen zu kön­nen. 


Der Weg vom Feld in den Tank

Mais­fel­dern­te: Der Mais wird für die Lebens­mit­tel- und Fut­ter­in­dus­trie geern­tet. Doch auch in den „Über­bleib­sel“ am Feld – den Pflan­zen­res­ten – steckt gro­ßes Nut­zungs­po­ten­ti­al; Feld­res­teern­te: Mit dem im Inn­vier­tel ent­wi­ckel­ten „Bio­Chip­per“, ein Mulch­kon­zept mit Schwad­zu­sam­men­füh­rung, erfolgt die Ern­te von Feld­res­ten auf effi­zi­en­te Wei­se; Abla­ge­rung: Nach­dem das Mais­stroh abtrans­por­tiert wur­de, erfolgt die Abla­ge­rung; Auf­be­rei­tungs­an­la­ge: Im „Bio­Crus­her“ (Kom­plett­sys­tem zur Ein­brin­gung von orga­ni­scher Sub­stanz in Bio­gas­an­la­gen) wer­den die Pflan­zen­res­te für die Bak­te­ri­en in der Bio­gas­an­la­ge auf­be­rei­tet; Bio­gas­an­la­ge: Nun erfolgt die Metha­ni­sie­rung in der Bio­gas­an­la­ge; Vom Feld zum Ener­gie­trä­ger: Der „New Hol­land Metha­ne Power“ ist welt­weit der ers­te Seri­en­trak­tor der mit 100 Pro­zent Methan betrie­ben wird; Gär­res­te als Dün­ger: Aus den Gär­res­ten kann wei­ters ein hoch­ef­fi­zi­en­ter orga­ni­scher Dün­ger her­ge­stellt wer­den, der die Pflan­zen­pro­duk­ti­on unter­stützt. 


Fotos: Anna Sophie Luegmair/ProHektar (2), BioG (5)

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